WAZ

WAZ

Parsifal - Essens Theater führt Wagner und Dorst zusammen

23.10.2016

Von Pedro Obiera

Richard Wagner und Tankred Dorst haben extrem unterschiedliche Zugriffe auf den Parsifal-Mythos. Dennoch führt ein Theaterabend in Essen sie zusammen.

Wagner trifft Dorst: Duell oder Symbiose? Essens Schauspiel konfrontiert Dorsts zusammenhanglose Parsifal-Szenen aus seinem „Merlin“-Drama mit Wagners luxuriös ausgefeilter Erlösungs-Vision in strahlendem Hoffnungsglanz.

Der Beginn des dreistündigen Abends gehört Dorst, der die Vorgeschichte reflektiert. Mit dem Eintritt in den Gralstempel nimmt Wagner das Heft in die Hand. Zunächst nur mit dem gesprochenen Text, musikalisch lediglich durch dürre Motivfetzen mit Akkordeon, Trompete und dem glockenklar singenden Aalto-Kinderchor garniert.

In der brillanten Ausführung durch das Essener Schauspiel-Ensemble, das hier jede Banalisierung vermeidet, zeigen sich die literarischen Fähigkeiten Wagners. Eindrücke, die sich nach der Pause verstärken, wenn Dorst nur noch mit amüsanten, aber überflüssigen Slapstick-Einlagen zum Zuge kommt. Ansonsten folgt der Abend Wagners Libretto, wobei der vom Band eingespielte originale Wagner ein narkotisierendes Aroma verströmt.

Auch die nüchterne Inszenierung von Gustav Rueb kann die Erlösung nicht aufhalten. Da kann sich der Gral ruhig als scheinbar desillusionierendes Dialyse-Gerät entpuppen, mit dem Amfortas Blut ausgetauscht wird. Verbreitet sich im ersten Teil noch Beckettsche Verlorenheit, lässt man sich im zweiten immer stärker von Wagners Vision infizieren, wenn nicht gar überrumpeln. Das spiegelt sich auch in den Bühnenbildern Florian Barths wider. Vom tristen Krankenbett Herzeloides über ein nacktes Holzgerüst in der ersten Gralsszene verwandelt sich die Szenerie in der Welt Klingsors in eine sinnlich bunte Welt, bevor das Stück zu den entrückten Schlussklängen Wagners auf leerer Bühne endet.

Fazit: Dorst und Wagner warten zwar mit Ingredienzien auf, die sich so wenig mischen lassen wie Öl und Wasser. Doch das starke Ensemble wie die Live-Musiker unter Leitung von Eric Schaefer garantieren einen Abend, der uns die Bedeutung des bekannten Stoffs neu überdenken lässt.

Es gab begeisterten Beifall.