Die andere Seite - das ist dort, wo der Krieg seine Überlebenden ausspuckt und ihnen in perfider Weise noch ein bisschen Zeit zugesteht. Bei Dukovski heißen die Überlebenden diesmal Lucky (Jürgen Wink), ein Puppenspieler, der den Krieg und die Gräuel der Lager kennt; sie heißen Tricky (Sebastian Hülk), der sich einst den "Jagdschein" ausstellen ließ, damit er nicht eingezogen wurde, und der darüber nun wirklich abdreht; sie heißen Lilly (Eva-Maria Keller), eine ältere Prostituierte und Überlebenskünstlerin, die ihre drei Kinder durchzubringen sucht; und sie heißen Little (Andrea Cleven), eine frühreife, verrohte junge Wilde, deren vaterlose Kindheit mitten in den Krieg fiel.
In einer schnellen Szenenfolge, die das tragische Ende aller früh vorweg nimmt, rollen Text und Regie die Geschichte dann von mehreren Seiten auf. Doch nicht nur die Chronologie wird umgekehrt, auch die Perspektiven wechseln. Das Beziehungsgeflecht der vier entwirrt sich Stück für Stück und offenbart eine Verstrickung, deren eigentlicher Verursacher der Krieg ist. Florian Etti hat eine unwirtliche, mit Wellblechen und Plastik ausgestattete Bar entworfen, einen kalten Ort für Gestrandete und Durchreisende, die auf ihrem Weg zum Ende ein einziges Mal von sich selbst erzählen dürfen. Dass die bleierne Phänomenologie von Bühne und Sujet den Abend dennoch nicht dominiert und sich Ruebs Adaption schwer auf die Seele legt, dafür sorgen Dukovskis tiefschwarzer Wortwitz sowie ein ausgezeichnetes Ensemble (...)