Kulturmagazin

Rausch & Radio

Ein rasantes Spiel um Liebe und Triebe: Goethes Erstling "Die Laune des Verliebten" im tif.

Wenn das Bühnenlicht zum "Schäferspiel" erstrahlt, befinden sich die Zuschauer bereits inmitten einer turbulenten Handlung, die den Auftakt zu einem dynamischen Spiel der Geschlechter bildet. Aufgeregt schießen die vier Protagonisten mal in die eine, bald in die andere Ecke. Kleiderstangen voll prächtiger Kostüme und Spiegelsäulen bilden dabei das Dickicht, durch das sich die vier jungen Liebenden einen Abend hindurch schlagen müssen. Kostüme und Spiegel benötigen sie auch, denn auf dieser Spielwiese zwischen Flirt und Leidenschaft geht es darum, sich im bestmöglichen Licht und im vorteilhaftesten Kostüm zu präsentieren. (...)

Regisseur Gustav Rueb platziert Goethes Schäferspiel in Versen aus dem Jahre 1768 in einem zeitlosen Kontext. Kostüme und Perücken im Rokoko-Stil finden in Kombination mit moderner Garderobe auf der Bühne von Florian Etti ebenso Platz wie elektronische Klänge Gehör (Musik: Mark Lim). Die Ergänzung des ursprünglichen Textes um Elemente aus der Alltagssprache schiebt den Originalstoff an heutige Lebensumstände heran und zeigt, dass des Dichters Darstellung der Sorgen und Nöte Liebender, an deren "unschuldigem Wesen man zugleich den Drang einer siedenden Leidenschaft gewahr wird" (Goethe in Dichtung und Wahrheit), von heutigen Beziehungsproblemen gar nicht so weit entfernt ist. Zwar setzt das 21. Jahrhundert den Liebesangelegenheiten kaum noch Grenzen, doch die Vorlage legt nahe, dass sich sowohl das freizügig gebende Paar Egle und Lamon als auch die hoch moralisch denkenden Amine und Eridon gleichermaßen in den Turbulenzen des Liebesalltags verfangen.

Gustav Rueb spitzt die Probleme rund um das Liebesthema in seiner Inszenierung so weit zu, dass die Schicksale der Liebenden schließlich eine tragische Wendung nehmen. Als ginge es um ihren letzten Tropfen Blut, kämpfen sie um Leidenschaften, Sehnsüchte und Lebensträume. Dieser Kampf wird schließlich so erbarmungslos geführt, dass er, entgegen der harmlosen Vorlage Goethes, im kollektiven Selbstmord endet.Die Inszenierung von Gustav Rueb besticht durch eine geradezu berauschende Dynamik. Geschickt löst er das Stück aus seinem ursprünglichenzeitlichen Rahmen, ohne auf den Reiz phantastischer Originalkostüme und barocker Klänge zu verzichten.